Es juckt mich in den Fingern, eine Antwort auf die Stellungnahme des Chirurgen zu schreiben. Ich hasse es, sowas einfach stehen zu lassen. Ich will, dass er seinen Fehler zugibt. Ich will, dass er sich entschuldigt. Ich will, dass er seine Unterstellungen zurücknimmt und sich auch dafür noch einmal entschuldigt – dafür, dass er mich als Lügnerin darstellt.
Ich will, dass er die Kritik annimmt und dass er lernt. Ich will, dass er einen Moment innehält und sich in meine Lage versetzt.
Denn er hat nichts verstanden. Nichts. Er hat die Kritik nicht angenommen, er hat mir nicht „zugehört“, nicht einmal ansatzweise.
Ich versuche, meinen Frieden damit zu finden, aber ich kann nicht. Es regt mich noch immer so sehr auf, was er geschrieben hat. Es ist einfach nicht fair. Ich habe gesagt, dass ich Betäubung will. Und er hat das auch gehört, denn er hat darauf geantwortet. Mir jetzt zu unterstellen, ich hätte nichts gesagt, ist einfach – einfach beschissen. Es stimmt nicht. Ich weiß, was ich gesagt habe, und er weiß es auch, verdammt nochmal.
Wieso gibt er das nicht einfach zu? Wieso sagt er nicht einfach: „Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe mich falsch verhalten. Das tut mir leid.“ Mehr will ich doch gar nicht. Wirklich, er müsste sich nur entschuldigen, und die Sache wäre okay.
Fehler machen ist menschlich. Jeder verhält sich ab und zu mal falsch. Man ist kein schlechterer Mensch deswegen. Und es ist doch auch eher ein Zeichen von Stärke, wenn man Fehler zugibt und sich entschuldigt. „Entschuldigung“ zu sagen ist keine Erniedrigung. Im Gegenteil: Menschen, die Kritik annehmen und sich entschuldigen können, achte ich mehr als solche, die das nicht tun.
Ich würde ihm gerne erklären, was bei dieser Behandlung in mir vorgegangen ist. Aber das ist vergebliche Mühe. Es interessiert ihn nicht. Er will es nicht verstehen und er wird niemals zugeben, dass nicht alles allein meine Schuld ist. Er wird sich niemals entschuldigen.
Es ist grässlich für mich. Ich will es nicht so stehen lassen, will es nicht einfach auf sich beruhen lassen. Aber ich weiß auch, dass ich bei ihm nichts erreichen kann, egal was ich ihm als Antwort schreibe.
Ich habe Recht, aber er wird es niemals zugeben. Ich werde eine Lügnerin bleiben.
Alles beim Alten. Alles wie immer. Alles wie früher.
Vielleicht sollte ich mich töten und ihn in meinem Abschiedsbrief herzlichst grüßen. Vielleicht versteht er dann.