Das Vorgespräch in der Tagesklinik hat mich wieder ziemlich aus der Bahn geworfen. Fühle mich hilflos und haltlos, weiß nicht, was ich tun soll. Bin wütend und traurig und enttäuscht.
Einerseits reden sie was von „Selbstwertgefühl verbessern“ und solchem Blödsinn, andererseits vermitteln sie das Gefühl, dass Borderliner scheußliche gemeingefährliche Kreaturen sind.
Regeln, die nur für Borderliner gelten, nicht für andere Patienten. Regeln, die ich als Schikane empfinde. Wenn sie für alle Patienten gültig wären – okay. Aber so fühle ich mich nur verdammt ungerecht behandelt. Präventiv bestraft für Probleme, die manche Borderliner gewiss haben – nur eben nicht alle. Trotzdem werden mal alle in eine Schublade gestopft und von vornherein bestraft.
Vorwurfsvolle Kritik, weil ich ja ach so häufig Termine in der Ambulanz habe/hatte. Hallo? Das sollte ja eigentlich auch eine ambulante Therapie werden, da hat man eben nicht nur einmal im Monat ’nen Termin…
Und den Notdienst nehme ich auch viel zu oft in Anspruch – habe ich „früher“ tatsächlich, aber ich habe daraus gelernt. Wie passt es außerdem zusammen, dass erst meine Notdienst-Kontakte kritisiert werden und im nächsten Satz dann ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es gut ist, wenn ich mir Hilfe hole und dass ich Notdienst-Gespräche auch während einer Tagesklinik-Behandlung haben darf? Darf ich jetzt zum Notdienst oder nicht? Oh ja, Borderliner brauchen klare Regeln, also sagen wir mal dies, mal das. Sehr klug.
Bin irgendwie stinksauer, dass mir einerseits vorgeworfen wird, dass ich mich melde, wenn es mir nicht gut geht – aber andererseits genau das doch auch von mir gefordert wird. Muss mich melden, aber werde dann kritisiert, weil ich es dann doch nicht soll. Ja was denn nun?
Würde mich nicht wundern, wenn sich die Flexibilität der Tagesklinik, die im Vorgespräch so betont wurde, auch als Verarsche herausstellt. Vermutlich sind die so lange flexibel, bis ich wirklich eine individuelle Lösung erarbeite und vorschlage. Dann heißt es garantiert, dass das nicht geht, weil ich ja Borderline habe und deshalb einen ganz starren Rahmen brauche. Bei anderen Patienten könnte man ja, aber bei Borderlinern…
Hätte mich nach dem Gespräch eigentlich nochmal kurz bei Dr. B. melden sollen. Habe ich nicht. Bin nach dem Vorgespräch regelrecht geflohen und erstmal eine Weile kopflos durch die Gegend gelaufen. Habe ein paar Dinge erledigt. War einkaufen, habe gefressen, gekotzt, im Bett gelegen und die Decke angestarrt.
Hatte erst mit dem Gedanken gespielt, doch nicht zu meinen Eltern zu fahren und das Wochenende ausschließlich für destruktives Verhalten zu nutzen. Aber ich fahre. Morgen Früh, wie geplant. Weiß nur noch nicht, ob ich Sonntag Abend wie abgesprochen zum Gespräch mit dem diensthabenden Psychiater gehe.
Ich habe Dr. B. versprochen, dass ich mich bis Sonntag Abend nicht umbringe. Daran werde ich mich auch halten. Das Sonntag-Abend-Gespräch ist zwar ein fixer Termin und somit eigentlich auch ein Versprechen, aber so „richtig“ versprochen habe ich da nichts. Ich könnte den Sonntag Abend auch anders verbringen. Vielleicht sollte ich kurz anrufen und absagen, das wäre fair. Andererseits – ich als böse, böse Borderlinerin – nein, ich bin so scheußlich, dass ich das natürlich nicht machen werde. Pffff.
Gehe gedanklich noch einmal alles durch, was ich Dr. B. heute versprochen habe. Ich halte mich an meine Versprechen. Natürlich. Aber wenn ich alles Wort für Wort durchgehe, dann finde ich doch noch so manches Schlupfloch um Mist machen zu dürfen. Unfair gegenüber Dr. B., irgendwie. Hm.
Ach fuck. Mich kotzt das alles gerade wieder so richtig an. Das Schubladen-Denken der Ärzte. Die Unterstellungen, wie Borderliner sind. Die Forderung, mich zu melden, und dann die Kritik, wenn ich es wirklich tue.