Bei meinem Klinikaufenthalt im Januar/Februar habe ich C. kennengelernt. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, waren uns sympathisch. Ähnliche Ansichten zu bestimmten Themen. Teilweise gleiche Problematik, Erfahrungsaustausch, konstruktive Unterhaltungen. Plaudereien über Gott und die Welt.
Wir sind ein paar Mal zusammen in Ausgang gegangen. Kaffee trinken, spazieren. Handynummern und Adressen ausgetauscht. Nach meiner Entlassung Kontakt gehalten. Ich habe sie einige Male in der Klinik besucht. Auch nach ihrer Entlassung weiterhin Kontakt – SMS, Telefonate, Treffen.
Anfangs war das ja alles gut. Aber so allmählich hat es sich in eine Richtung entwickelt, die mir gar nicht mehr gefällt.
Kein Tag, an dem nicht mindestens drei SMS kommen. Nahezu täglich die Frage, ob wir uns treffen wollen. Wie es mir geht, was ich gerade tue.
Ich fühle mich eingeengt und, naja, irgendwie auch „kontrolliert“. Ich mag nicht jeden Tag mehrfach angeben müssen, wie ich drauf bin. Ich mag nicht jeden Tag erzählen müssen, was ich tue oder vorhabe. Ich mag mich nicht mehrfach die Woche mit ihr treffen.
Mir sind Freunde wichtig. Ich habe manchmal gerne Menschen um mich herum. Ich finde es schön, wenn sich jemand für mich interessiert. Ja, ja, und nochmals ja.
Aber so – ist es mir zu viel. Ich brauche meine Freiheiten. Ich brauche mein eigenes Leben. So gerne ich auch mal mit Freunden zusammen bin, so gerne bin ich auch allein. Vielleicht bin ich sogar lieber alleine, denn im Grunde bin ich Einzelgängerin.
Ich weiß nicht, wie ich C. klarmachen soll, dass sie es übertreibt, ohne sie vor den Kopf zu stoßen. Ich weiß, sie meint es nicht böse und vermutlich ist ihr auch gar nicht bewusst, dass ich mich eingeengt fühle. Dass ich andere Vorstellungen von Freundschaft habe. Dass ich mein eigenes Leben brauche, meine Freiheiten, nicht ständig angeben möchte, wie es mir geht und womit ich beschäftigt bin.
Wäre ich Psychiater, würde ich sagen: C. ist nunmal typische Borderlinerin – Beziehungen ganz und total, oder gar nicht. Ich möchte weder das Eine noch das Andere. Diese „totale Beziehung“, wie sie jetzt ist, geht für mich nicht. Aber ich mag C., ich mag sie wirklich und ich will sie nicht verlieren, ich möchte weiterhin mit ihr befreundet sein.
Nur wenn das wirklich Symptom ihrer Borderline-Störung ist, werde ich wohl herzlich wenig erreichen können. Wenn ihre bisherigen Therapeuten es nicht geschafft haben, ihre „Beziehungsproblematik“ in normale Bahnen zu lenken, wird mir das wohl auch kaum gelingen.
Ich überlege schon seit Tagen hin und her, wie ich ihr schonend beibringen soll, dass sie mir zu wenig Freiraum lässt. Ich hoffe ja trotz allem, dass es irgendwie möglich ist, eine Freundschaft mit weniger intensivem Kontakt hinzubekommen. Und ich will sie nicht vor den Kopf stoßen, ich will sie nicht verletzen.
Nur wie ich das hinbekommen soll – keine Ahnung. Ich kenne es ja von mir selbst und ich weiß, dass C. und ich in diesem Punkt sehr ähnlich sind. Ein „du nervst“ – egal wie freundlich und nett formuliert – verletzt immer. Macht vielleicht auch wütend. Löst gerne mal Krisen aus.
Ich will nicht, dass C. meinetwegen eine Krise bekommt. Dass sie wieder in der Klinik landet. Mist macht. Sich was antut.
Andererseits kann ich aber auch nicht länger so weitermachen, denn mich macht das allmählich wirklich fertig. Diese Einengung, das „Zuviel“ an Kontakt. Ich muss eine Grenze setzen – mir selbst zuliebe.
Und die Grenze muss klar sein. Durch die Blume gesprochen funktioniert nicht. Ich habe ihr schon geschrieben, dass ich Ruhe brauche und Zeit für mich – trotzdem ständige SMS und Anrufe.
Falls tatsächlich einer von euch diesen Artikel bis hierher gelesen hat: Irgendwelche Tipps? Irgendwelche Ideen, wie man klar und deutlich, aber ohne zu verletzen sagen kann, dass der Kontakt zu intensiv ist? Wie kann ich C. ein Stück wegschieben, ohne sie ganz wegzustoßen und zu verletzen? Wie kann ich es hinbekommen, dass wir befreundet sind, ohne dass sie so sehr klammert?