eisblau&honigsüß

aus der Röhre in die Klapse

- 10. Februar 2015

Der Termin fürs MRT war heute Früh um 8 Uhr. Nach Hause gekommen bin ich um 15 Uhr. Die Zeit dazwischen habe ich auf der Geschlossenen verbracht.

Ich glaubte, ich hätte alles, was am MRT für mich schwierig sein könnte, ausreichend bedacht und mir genügend hilfreiche Strategien überlegt.

Womit ich nicht gerechnet habe – womit ich nicht rechnen konnte – war die Tatsache, dass die MRT-Untersuchung eine mir bislang unbekannte Trauma-Erinnerung hochgerissen hat. Ich wusste nicht, dass das da damals passiert ist. Die Erinnerung schlummerte tief in der Verdrängung. Die Ähnlichkeiten, die die MRT-Untersuchung zu dem damals hatte, waren groß genug, um als extremer Trigger diese Erinnerung hochzuholen.

Fragt mich nicht, wie ich das MRT trotzdem bis zum Ende durchgehalten habe. Vielleicht kam mir dabei die Trauma-Erinnerung zu Hilfe. Denn das Verhalten, das damals angebracht war, hat auch gut fürs MRT gepasst. Erstarren. Nicht bewegen. Auf Aufforderungen vorgegebene Antworten hervorpressen.

Der Zusammenbruch kam, als sich die dicke Stahltür des MRT-Bereichs hinter mir schloss. Erstmal in die nächste Toilette. Zittern, heulen, kotzen, noch mehr zittern, noch mehr heulen, noch mehr kotzen. Und dann sämtliches Tavor nehmen, das ich für Notfälle immer bei mir trage.

Termin beim Ambulanzpsychiater ein bisschen später. Immer noch leicht zitternd, dauerdissoziierend. „Geht das gut, wenn Sie so jetzt nach Hause gehen?“ Schulterzucken – weiß ich nicht, ist mir auch egal. „Frau P., ehrlich: was passiert, wenn Sie jetzt heimgehen?“ Ich nuschel vor mich hin. Er versteht das Wesentliche trotzdem: Schneiden, Chirurgie, Tabletten, Innere. Er macht sich Sorgen, das merke ich trotz des dichten Nebels, der meinen Kopf ausfüllt und um mich herumwabert. Ich kann den Herrn Ambulanzpsychiater in dem Nebel kaum erkennen. Ob er mich überhaupt sieht, mich, in dieser dichten Nebelwolke?

Wir diskutieren ein Weilchen. Oder vielmehr versucht er mich davon zu überzeugen, dass jetzt ein verdammt guter Zeitpunkt für eine Krisenintervention auf der Geschlossenen wäre. Er will mich nicht gegen meinen Willen hinbringen. Ich solle zustimmen. Kann ich nicht. Es ist alles so weit weg, ich bin nicht mehr da, heute existiert nicht, ich bin im damals, ich kann nicht denken, ich kann nicht entscheiden. Er trifft die Entscheidung, zögerlich und widerwillig, er will nicht über mich hinweg entscheiden, muss das jetzt aber tun. Ich nicke schwach, abwesend, ohne wirklich etwas mitzubekommen. Irgendwo in mir flüstert ein leises Stimmchen, dass das gut so ist: denn er ist doch der Herr Ambulanzpsychiater, der mich schon so lange kennt, und dem ich am Herzen liege, ich muss nichts entscheiden, nur ihn machen lassen, ihm vertrauen, denn er ist keiner von damals, er ist einer aus dem Heute, und er ist gut, er ist gut zu mir.

Ambulanzpsychiater bringt mich auf Station. In meinem Geldbeutel finde ich später einen Zettel mit einem Termin für Übermorgen bei ihm. Keine Ahnung, wann er mir den gegeben hat. Von den ersten Stunden auf Station kann ich auch kaum was sagen. Alles im dichtem Nebel verloren gegangen.

Später, als ich mich so allmählich wieder im Hier-und-Jetzt zurechtgefunden habe, gab’s ein Gespräch mit dem Herrn Oberarzt. Darüber könnte ich einiges schreiben. Werde ich auch. Später, irgendwann, morgen oder so. An dieser Stelle bleibt nur festzuhalten, dass es mit ihm keinerlei Probleme gab und er sich sehr sehr bemüht hat, auf meine Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.

Nach dem Gespräch blieb ich noch eine Stunde auf Station. Bis ich wirklich wieder sicher im Hier-und-Jetzt angekommen war und auch die schlimme Erinnerung erstmal sicher auf einer Insel untergebracht war.

Dann durfte ich gehen. Ganz unkompliziert, nicht so ein Theater, wie ich es manches Mal mit dem Herrn Oberarzt hatte. Ich glaube, das lange Gespräch mit ihm im November hat sich gelohnt. Er hat sich doch so einiges gemerkt, was ich ihm damals sagte. Und gibt sich Mühe, das möglichst gut umzusetzen.

Jedenfalls bin ich jetzt wieder zu Hause. Völlig platt und erschöpft von Bedarfsmedikamenten und Flashbacks. Aber wieder einigermaßen gefasst. Fast schon ruhig. Jetzt will ich nur noch lange ganz heiß duschen, Tee trinken, vielleicht was essen, und dann ins Bett.

(Ich weiß, es stehen noch einige Kommentare aus, die auf Beantwortung warten. Aber heute fehlt mir die Kraft dazu. Nehmt’s mir nicht böse. Ich antworte noch.)


13 responses to “aus der Röhre in die Klapse

  1. Penny sagt:

    Das hört sich schlimm an. 😦 Ach, ich hab immer das Gefühl das sind so „leere Worte“ aber ich versuchs trotzdem: Ich schicke dir einen lieben Gruß und ganz viel Kraft.
    LG Penny

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    • sternenpfad sagt:

      war auch schlimm. ich dachte ja wirklich, dass ich das mrt ganz gut überstehen würde. oder vielleicht ein bisschen belastet würde. aber so eine voll-katastrophe war natürlich nicht absehbar… ich war jedenfalls sehr, sehr froh, dass ich danach von den klinik-menschen aufgefangen wurde.

      danke dir 🙂

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  2. OMG – Du Arme. Das klingt nach Stress pur…die Seele schreit. Gib Dir Zeit und gönn Dir Ruhe, step by step – wird wieder! 🙂

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    • sternenpfad sagt:

      war’s auch. ich war gestern abend so erledigt von diesem ganzen mist… heute geht’s mir schon wieder ein bisschen besser. muss aber immer noch sehr aufpassen, dass die psyche nicht sofort wieder zusammenbricht.

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  3. momotraeumt sagt:

    Das tut mir leid. Am liebsten würde ich dir jetzt eine farbige Seifenblase schicken, die dich umhüllt und schützt und dir etwas Ruhe bringt. Ich wünsche dir ganz viel Kraft.

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  4. marie sagt:

    tu dir was gutes, ruh dich aus. ganz viel liebe und sicherheit wünsche ich dir..

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    • sternenpfad sagt:

      *nick* habe ich gemacht bzw. mache ich noch immer. gestern einen ruhigen abend mit dingen, die mir gut tun. früh ins bett. lange geschlafen. und auch heute den tag ganz langsam angehen lassen. später noch termin bei dr. h.

      liebe grüße :-*

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  5. _X5452 sagt:

    Ohje das tut mir Leid, dass das MRT foch so heftig war und einen ziemlich üblen Trigger losgetreten hat.

    Respekt dafür das Du wieder zuhause bist und du gut zurecht kommst. Ich hätte sehr wahrscheinlich zu viel Angst das es wieder kommt.
    Hoffe auch, das die Dusche gut tat, der Tee schmeckte und du gut schlafen kannst 😉

    Ganz ganz liebe Grüße
    -Smoky

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    • sternenpfad sagt:

      dass das mrt so krass-schlimm wird, habe ich echt nicht erwartet. mit ein bisschen stress habe ich schon gerechnet, aber sowas konnte ich ja nicht ahnen :-/

      wenn ich zu hause gemerkt hätte, dass ich nicht klarkomme, hätte ich wieder in die klinik zurückgehen können. das gab mir schon viel sicherheit. ohne diese option, jederzeit doch zurückgehen zu können, wäre ich vermutlich auch nicht nach hause gegangen.

      dusche tat gut, meinen waldmeistertee liiiieeebe ich und geschlafen habe ich knapp 15 stunden 😉 also erfolgreiches ruhe-und-erholung-programm!

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  6. Kätzin sagt:

    Hallo,

    ich mag mich allen guten Wünschen an Dich anschließen!
    Dachte heute an Dich und fragte mich ob Du das MRT schon hattest… Hört sich nicht gut an, was passiert ist. Toll finde ich, dass Du Dr. H. hast und die Möglichkeit zur Krisenintervention! Ich glaub, das ist viel wert und wünsch Dir, dass es möglichst gut hilft und Dich gerade etwas entlasten kann. Machs gut

    Liebe Grüße, Kätzin

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    • sternenpfad sagt:

      nee, das war auch nicht gut :-/ bin nur froh, dass ich nach diesem mrt-desaster in der klinik aufgefangen wurde. wäre ich danach alleine gewesen, hätte ich für nichts mehr garantieren können… war schon gut, dass der herr ambulanzpsychiater mich erstmal auf die geschlossene gebracht hat.

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